Wer kriegt hier wen?

Das Leben ist groß, und es wirft mir gerne etwas vor die Füße, vielleicht in Form eines Problems. Es gibt viele Wege, damit umzugehen. Ich kann es übersehen. Einfach nicht hingucken. Wegfühlen, ausweichen, unter den Teppich und so. Das ist ok, Probleme sind geduldig. Oder ich nehme mir vor, es in den Griff zu kriegen. Schließlich gibt es Freunde und Partner, die einem dabei helfen. Einige Probleme geben sich damit zufrieden. Andere kommen wieder, meistens in etwas größerer Ausführung. Dann muss ich mich mehr anstrengen, mehr desselben investieren. Erschöpfend auf die Dauer, aber auch ok. Manche Menschen verbringen ihr ganzes Leben mit dem Versuch, es in den Griff zu kriegen.

Ich habe bloß noch niemanden getroffen, der das wirklich geschafft hätte. Als ich irgendwann genug vom Kämpfen hatte, hörte ich damit auf. Mein Körper half mir dabei mit ein paar schmerzhaften gelb-roten Karten. Mit dem Ende des Kampfes gegen das eigene Leben beginnt etwas ganz Neues, auf vielen Ebenen. Angesichts von Problemen beginne ich, sie selber zu nutzen. Probleme haben nichts dagegen, dafür sind sie ja da. Sie führen einen innerlich wie äußerlich dorthin, wo das Leben einen haben will. Man lässt sich so lange von ihnen in-form-ieren, ein-formen, gestalten und verändern, bis das Problem keins mehr ist. Die ihm innewohnende Lösung hat zu wirken begonnen. Probleme kleben ja nicht an mir – wenn sie ihre Information losgeworden sind, lösen sie sich auf. Mission accomplished.

Dies ist die einfachste und für mich wirksamste Methode, mit dem umzugehen, was das Leben mir vor die Füße wirft. Man nimmt Probleme nicht als eine Fehlstelle in der Welt, sondern als elementare Signale des Lebens (“Problem” heißt sinngemäß: „das, was vor mich hingeworfen wird“). So entstehen elegante Lösungen, und es verbraucht keine Kräfte. Im Gegenteil, es entfaltet sie. Seltsam dabei: Solange ich versucht hatte, Macht über mein Leben zu bekommen, fühlte ich mich machtlos. Wenn ich dem Leben einfach folge, so gut es grad geht, verschwindet das Gefühl der Machtlosigkeit. Das verbessert die Laune beträchtlich.

Natürlich gibt es einen Haken dabei, auch wenn er nicht wirklich einer ist: Diese Art, mit dem Leben umzugehen, verlangt immer wieder Mut und eine innere Umkehr. Anstatt das Leben in den Griff kriegen zu wollen, lasse ich mich vom ihm gestalten, tragen und erfüllen. Ich folge ihm einfach, mitten im eifrigen Europa. Das ist jedes einzelne Mal mit einem inneren Wachstumsschritt verbunden. Vielleicht klingt das schräg, fühlt sich dann aber sehr natürlich und entspannt an – und vor allem sehr produktiv. Wenn es gelingt, habe ich wie von allein leichte, erfüllte Tage – und viel Kraft. Ich bin sogar recht nützlich für einige Mitmenschen. Wenn nicht, wird es anstrengend, nicht nur für mich. Ich will dann aus wohlbegründeten Motiven woanders lang, als mein Leben es gerade vorhat (die sogenannte „Blockade“). Und schon erhebt die Frage vom Anfang ihr hässliches Haupt: „Wer kriegt hier wen?“

Aber das ist ein anderes Thema. Eigentlich ist sie gar nicht hässlich.

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